Sonntag, 31. August 2014

Amanda Sthers - Die Geisterstraße

Roman, 2011

Irgendwie versuchen Simon und Alfred ihr Judentum in Kabul aufrecht zu erhalten, sie haben sich aneinander gewöhnt und teilen die Lebensmomente miteinander bis ein junges Mädchen kommt, die, schwanger von einem Amerikaner, nach Hilfe sucht.

Stehrs Schreibstil ist ungewöhnlich, aber interessant, die Geschichte bietet einiges an Themen, insbesondere die Unterschiede zwischen Ost- und Westkulturen. Ihre Figuren sind liebenswert angelegt, insbesondere die beiden kauzigen Simon und Alfred, die sich ja eigentlich gar nicht mögen. Eine schöne kurzweilige Geschichte.

Samstag, 30. August 2014

Johann Wolfgang Goethe - Faust I

Tragödie, 1808

Heinrich Faust, Forscher und Lehrer ist unzufrieden. Im fehlt der tiefere Lebenssinn. Als der Teufel Mephisto ihn zu einem Pakt verführt, nimmt das Unglück seinen Lauf. Fausts Seele gegen Zufriedenheit und Lebensfreude. Faust wird in einen jungen Mann verwandelt, trifft auf das naive Gretchen, verliebt sich und schwängert sie. Gretchen bringt ein uneheliches Kind zur Welt, tötet es und wird verhaftet. Faust will sie mit des Teufels Hilfe vor der Hinrichtung retten.

Jeder Schüler der durch "der Tragödie erster Teil" durch musste, hat vermutlich nach der Lektüre sein Reclam-Heftchen in die Ecke geschmissen und nie wieder einen Gedanken daran verschwendet, denn im Unterricht wird das meist zitierteste Werk der deutschen Literatur bis hinunter auf den einzelnen Buchstaben zerlegt, analysiert und interpretiert. Liest man es jedoch als Geschichte eines bemitleidenswerten Mädchens, eines alternden Forschers und eines Verführers, so findet man eine zutiefst traurige Erzählung, deren Motive auch heute noch Anwendung finden.

Freitag, 29. August 2014

David Mitchell - Der Wolkenatlas

Roman, 2004

Die Schicksale von 6 Menschen sind über die Jahrhunderte zart miteinander verwoben. Der eine findet das Tagebuch des anderen, die nächste die Briefe des Zweiten. Eine Duplikantin wird als Göttin verehrt und die Duplikantin lernt von dem Protagonisten eines Films, der wiederum die Geschichte der Zweiten lektorierte.

Mitchells Erzählstrukur ist ungewöhnlich, die Schicksale der sechs Menschen werden in jeweils zwei, bzw. einem eigenen Kapitel erzählt und bauen aufeinander auf. Jedes Kapitel ist in einem anderen Stil, sowohl in Struktur als auch Sprache, geschrieben und unterstützt so die Charaktere der Protagonisten. Eine ganze hervorragende Leistung, die spannend von Anfang bis Ende ist, die Verfilmung eher schwach dagegen!

Donnerstag, 28. August 2014

Michael Ende - Das Gefängnis der Freiheit

Erzählungen, 1992

Dies sind Erzählungen, die nachdenklich machen. Jede Geschichte hat ihr surreales Thema, dass sich hauptsächlich mit Irrationalitäten befasst, die in sich aber durchaus eine Logik ergeben und somit den Leser vor die Frage stellen, was ist real und was nicht.

Die ungewöhnlichen Personen und Ereignisse in diesen acht Erzählungen werden von Ende in seiner angenehmen leichten Sprache wieder gegeben. Die Magie seiner Worte umfangen den Leser und beweisen, dass nicht nur Kindern sich in wundersame Welten entführen lassen.

Mittwoch, 27. August 2014

Fjodor Dostojewski - Der Idiot

Roman, 1868

Der Idiot, der 26-jährige Fürst Lew Myschkin, kehrt nach langer Zeit in die Großstadt St. Petersburg zurück und trifft auf verschiedenen Menschen aus verschiedenen Schichten der Petersburger Gesellschaft, die ihn teils als idealen Menschen verehren, teils aber auch wegen seiner Naivität und Gutgläubigkeit ausnutzen. Als nun noch die Liebe über ihm einbricht, ist ein tragisches Ende vorherbestimmt.

Ohne Frage ist Dostojewski einer der sprachgewaltigsten Autoren der Welt gewesen, seine opulenten Beschreibungen von Orten, Handlungen und insbesondere Menschen lassen seine Werke intensiv wirken. Die Szenerien erscheinen fast automatisch vor dem geistigen Auge und die psychischen Entwicklungen seiner Figuren sind durchweg faszinierend nachvollziehbar.

Dienstag, 26. August 2014

Marion Zimmer Bradley - Die Nebel von Avalon

Fantasy-Roman, 1983

Es ist ein Kampf zwischen Heiden- und Christentum, der zwischen Artus und seiner Schwester Morgaine, Herrin von Avalon, ausgefochten werden muss. Dabei gehen beide teils skrupellos vor auch wenn sie von der Liebe zu Partner und Land geleitet werden.

Die fantastische Geschichte rund um die Legende von König Artus und seiner Tafelrunde fasziniert auch 30 Jahre nach Erscheinen noch so viele Menschen. Zimmer-Bradley schreibt so wunderbar und spannend, dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann. Die geheimnivolle Insel, die im Nebel nur durch die Kundigen erreicht werden kann, bietet so viele Mysterien. Herrlich! Und für mich eines der ausschlaggebenden Bücher, die mich zum Lesen vieler weiterer Bücher inspiriert hat.

Montag, 25. August 2014

Erich Kästner - Fabian - Die Geschichte eines Moralisten

Roman, 1931

Fabian beobachtet das Berliner Leben in den 20er Jahren und versucht den unmoralischen Werten zu widerstehen. Doch als er seine Arbeit verliert, sein bester Freund Selbstmord begeht und seine Freundin beginnt sich zu prostituieren, streckt er die Waffen und kehrt in seine Heimat zurück.

Wie der Titel verspricht, geht es um viele moralische Grundsätze. Was ist man beispielsweise bereit zu tun um einen bestimmten Job zu bekommen und wie verhält man sich, wenn die Ziele trotz allem nicht erreicht werden können. Kästner schreibt sehr dynamisch in kurzen Kapiteln und gibt einen wunderbaren Einblick in das vielschichtige Leben Berlins zwischen den Kriegen.

Sonntag, 24. August 2014

Thilo Wydra - Grace: Die Biographie

Biographie, 2012

Was Kate Middelton in diesem Jahrhundert, war Grace Kelly im letzten Jahrhundert: eine Stilikone, deren Eleganz und Schönheit unvergessen sind. Dazu brillierte Grace in verschiedenen Hitchcock-Filmen, wie "Das Fenster zum Hof" und traf so auf ihren Märchenprinzen, der sie in sein Reich entführte und der Welt eine wunderbare Schausielerin nahm.

Diese ausführliche Biographie befasst sich ebenso mit den Filmen Grace Kellys wie auch dem royalen Leben. Angereichert ist das Buch mit wunderschönen Fotografien und einem interessanten Interview mit Fürst Albert II. Wydra hat viel zusammen gesucht und ein umfassendes Porträt verwirklicht.

Samstag, 23. August 2014

Petra Oelker - Mit dem Teufel im Bunde

Historischer Krimi, 2006

Mal wieder ein "Rosina-Roman". In Hamburg spielend, 18. Jahrhundert. Rosina ist jetzt zwar eine ehrenwerte, sprich verheiratete, Frau, doch sie scheint kriminelle Vorkommnisse anzuziehen. So auch diesmal: Brandstiftung, eine tote Frau in der Katharinenkirche und jede Menge politische Geschehnisse.

Spannend, farbig und liebevoll sind Oelkers Geschichten, die einen das alte Hamburg sehen lassen. Dynamisch legt sie einige falsche Fährten und kann so den Spannungsbogen immer weiter aufrecht halten. Ein angenehmer Krimigenuss mit liebenswerten Protagonisten!

Freitag, 22. August 2014

Fjodor Dostojewskij - Ein grüner Junge

Roman, 1878

Der junge Arkadij kehrt aus dem Gymnasium nach St. Petersburg zu seiner Familie zurück, wo er die Chance erhält seinen Vater kennenzulernen. Dieser hatte den unehelichen Sohn bei der Mutter belassen um sich seinem eigenen Leben zu widmen. Es stellt sich heraus, dass Arkadijs Vater einige Konflikte mit Verwandten hat. Als dem Sohn zwei Briefe gegeben werden, die ihn bemächtigen Einfluss auf die Familienfehde zu nehmen, gerät er in einen Gewissenskonflikt.

Dostojewskis wortgewaltiges Werk befasst sich erneut mit der Vater-Sohn-Beziehung, insbesondere scheint er die Problematik in der Kommunikation zu sehen. Denn die Figuren schweigen entweder konsequent oder plappern ständig daher. Ganz klar erkennbar ist, dass Arkadij zwar zwei Väter hat, diese aber keinen Vater darstellen. Dostojewskij hat die Entwicklung Arkadijs, wie auch die Charaktere wunderbar herausgearbeitet. Ein großer Autor, ein großes Werk. Punkt.

Donnerstag, 21. August 2014

Allen Carr - Endlich Nichtraucher

Suchtbekämpfung, 1992

Seit 25 Jahren der Nikotinsuchtkiller Nummer 1.

Carr erklärt einfach mal, was da grad im Kopf vorgeht: vor dem Rauchen, während des Rauchens und nach dem Rauchen. Und jeder halbwegs intelligente Mensch, der das versteht, hat keine Probleme aufzuhören. Für die, die sich trotzdem schwer tun, weil sie glauben, sie müssten sich schwer tun, gibt es ein paar Tipps zum Überleben, wenn die Zigarette ruft.

Jeder der aufhören will, sollte dieses Buch lesen.

Rauchfrei seit anderthalb Jahren.


Mittwoch, 20. August 2014

Muriel Barbery - Die letzte Delikatesse

Roman, 2000

Pierre Arthens -größter Restauranttester aller Zeiten-  hat nur noch 48 Stunden zu leben und er lässt sein Leben Revue passieren, das heißt er lässt alle geschmeckten Deliaktessen seines Lebens vor seinem geistigen Auge erscheinen. Hatte er den einen großen Genuss, den einen göttlichen Geschmack jemals gefunden?

Aus der Sicht verschiedener Personen (und Objekte) erzählt Barbery von diesem herrischen, geliebten, verhassten und vereehrten Mann, der sein Leben für Essen hingab und sich an seinem Ende für etwas überraschendes entscheidet. Barberys Stil ist eher leise, sie zeichnet das einfühlsame Psychogramm ebenso gut wie die Sinneseindrücke, die beim essen entstehen. In jedem Fall macht sie Hunger auf mehr :-)

Dienstag, 19. August 2014

Hans de Beer - Kleiner Eisbär, komm bald wieder!

Kinderbuch, 1988

Lars der kleine Eisbär gerät in ein Fischernetz und kann sich nur mit Müh und Not befreien. Doch wo fährt das Schiff hin auf dem er sich jetzt befindet? Vater und Mutter machen sich bestimmt Sorgen. Gott sei Dank helfen ihm die Schiffskatzen Jonny und Nemo nach Hause zu kommen.

Viele weitere Geschichten gibt es noch rund um den kleinen Eisbär. De Beer hat eine der schönsten Kinderfiguren verwirklicht, die in vieler Weise adaptiert wurde. Wer würde nicht gern mit Lars zusammen auf einer Eisschollen schwimmen?

Montag, 18. August 2014

Sara Gruen - Wasser für die Elefanten

Roman, 2006

Die magische Welt des Zirkus, die auf den ersten Seiten des Romans, jedoch gar nicht mehr so fantastisch erscheint, zieht den alten Jacob wieder in seinen Bann und erinnert ihn an das Leben, das er einst als Tierarzt im Zirkus führte. Und er erinnert sich der Liebe, für die er und seine Liebste schwer kämpfen mussten.

Die lebendigen und liebevollen Beschreibungen der Protagonisten (sowohl Mensch als auch Tier), die spannende, teils schockierende Handlung machen den Roman zu einem Liebhaberstück, der auch Tränen in die Augen treiben kann. Nichts für Tier-sensible Menschen!

Sonntag, 17. August 2014

Todd Ritter - Totennacht

Thriller, 2012

Als Nick Donolly alte Fälle wieder aufrollt, kommt zutage, dass bei jeder Mondlandung ein Kind in Pennsylvania verschwand. Unterstützt von Kat Campbell versucht er 40 Jahre später diese Vorkommnisse zu lösen

Eine angenehm spannende und kurzweilige Geschichte, mit ein paar interessanten Mondgeschichten-Infos. Auch die Auflösung mal anders und endlich ein Thriller, der nicht blutrünstig sämtliche Details beschreibt, sondern mehr mit den psychologischen Faktoren spielt.

Samstag, 16. August 2014

Andrea Camilleri - Die Frau aus dem Meer

Roman, 2007

Der einfache Gärtner Gnazio heiratet die wunderschöne und ein wenig seltsame Maruzza, sie leben ein gutes Leben auf Sizilien, doch Maruzza zieht es immer wieder zum Wasser, was ihr Lebenselixier zu sein scheint. Denn sie ist keine einfache Frau, sie ist eine Sirene.

Camilleris Geschichte wandelt sich zu einem Märchen, als sich herausstellt, dass Gnazio ein Wesen aus einer anderen Welt heiratet. Er erzählt diese mit leiser Stimme und weckt die Sehnsucht seiner Leser nach einer kleinen Heimstatt in ruhiger ländlicher Gegend, um dort ein bißchen des selben Fantastischen zu erfahren, dass sein Protagonist erfährt.

Freitag, 15. August 2014

Annelies Frank - Das Tagebuch der Anne Frank

Tagebuch, 1942-1944

Anne beginnt mit ihren Tagebuchaufzeichnungen als 13-Jährige am 12.06.1942 und schildert ihren Alltag im Hinterhausversteck. Die Enge, die Familie, die ersten Liebesgefühle. Ihr Tagebuch wird ihr bester Freund, dem sie alles anvertraut. Nachdem sie eine Radiosendung hörte, die von der Dokumentation der NS-Zeit nach dem Krieg spricht, bereitet sie ihr Tagebuch für eine Veröffentlichung auf.

Anne hat den Holocaust nicht überlebt. Ihr Vater veröffentlichte ihre Aufzeichnungen kurz nach dem Krieg, sie hinterließ ein bewegendes historisches Dokument, das den Leser durch seine Form miterleben lässt wie es dem jungen Mädchen geht, das zunächst die Heimat verlassen muss, um ein verstecktes Leben zu führen. Es zeigt dem Leser die seelische Grausamkeit in höchst persönlicher Form. Ein Buch, das jeder gelesen haben sollte.

Donnerstag, 14. August 2014

Marlen Haushofer - Die Wand

Roman, 1963

Die namenlose Erzählerin stellt eines Morgens fest, dass eine gläserne Wand sie von der restlichen Welt abschirmt. Sie beginnt ihr Leben neu zu ordnen- teilt ihre Vorräte ein, ernährt sich von dem, was sie im Wald findet, richtet sich eine Sommerbehausung ein. Die einzige Gesellschaft sind ein Hund, Katzen und eine Kuh.

Diese, oberflächlich betrachtete, Robinson Crusoe-Geschichte stellt zur Debatte, inwieweit die Zivilisation noch ertragbar ist und ob man sich vielleicht von ihr abschirmen sollte. Haushofer hat die Auseinandersetzung der Protagonistin mit sich selbst und ihrer neuen Umwelt in ihrer Figurenentwicklung überzeugend heraus gearbeitet. Wobei der Leser sich jedoch sehr lange fragt, was das Ganze denn nun soll und am Ende sehr nachdenklich und einsam zurück gelassen wird.

Mittwoch, 13. August 2014

Arthur Schnitzler - Reigen

Drama, 1920

Wie soviele Theaterstücke war auch dies skandalträchtig: zehn erotische Dialoge die die „unerbittliche Mechanik des Beischlafs“ beschreiben. Dabei werden alle sozialen Gesellschaftsschichten durchlaufen: Dirne/Soldat, Soldat/Stubenmädchen, Stubenmädchen/junger Herr, junger Herr/junge Frau, junge Frau/Ehemann, Ehemann/süsses Mädel, süsses Mädel/Dichter, Dichter/Schauspielerin, Schauspielerin/Graf, Graf/Dirne und der Kreis ist geschlossen.

Schnitzler betrachtet kritisch das Verhalten der Menschen, die nur durch den Sex verbunden sind, sich aber alle nach der Liebe sehnen, die sie nicht erlangen können. Die Dialoge sind nicht tiefrgündig aber versprühen Feuer und Leidenschaft, Zärtlichkeit und Traurigkeit und selbstverständlich eine gehörige Portion Ironie. Großartig und einen Theaterbesuch wert!

Dienstag, 12. August 2014

Jane Austen - Verstand und Gefühl

Roman, 1811

Die Schwestern Elinor und Marianne sind gezwungen nach dem Tod ihres Vater ihr behütetes Haus und Leben zu verlassen. Um ihr weiteres Leben zu bestreiten, sind sie immer wieder gezwungen sich zu entscheiden, ob sie einen finanziell sicheren Weg oder den Weg der Liebe gehen wollen.

Jane Austen schafft es wie keine andere ihrer Zeit auf die Probleme der Frauen des 19. Jahrhunderts einzugehen, die Zwängen unterliegen die sie dazu bringen oft unglückliche Ehen oder ein Gouvernantendasein zu fristen. Sie verpackt dies in einfühlsame Liebesgeschichten, sie legt ihre Figuren liebvoll an und beschreibt deren Entwicklungen detailliert und interessant. Sie ist einfach eine der ganz Großen!

Montag, 11. August 2014

E.T.A. Hoffmann - Die Elixiere des Teufels

Roman, 1815

Seine Talente steigen dem Mönch Medardus zu Kopf, sein Größenwahn lassen ihn von den Elixieren des Teufels versuchen und er verfällt ihnen. Er muss fliehen, mehrere Morde geschehen und ein wahnsinniger Doppelgänger erscheint. Medardus muss lernen, dass alle Menschen denen er begegnet mit ihm verwandt zu sein scheinen.

Wie kaum ein anderer seiner Zeit schafft Hoffmann ein düstere, schaurige, spannende und fantastische Welt, die auch jedem heutigen Skandinavien-Krimi das Wasser reichen kann. Er erzeugt eine Atmosphäre in der der Leser ständig über die Schultern schauen muss, um sich zu vergewissern, dass sich nicht gleich jemand auf ihn stürzt. Für mich der erste und damit der Inbegriff eines Psycho-Thrillers.

Sonntag, 10. August 2014

Siegfried Lenz - Leute von Hamburg

Erzählung, 1968

Lenz erzählt von seiner Stadt, die erst seine Stadt werden musste. Er erzählt von den Leuten, die er kennt, doch erst kennenlernen musste- über Jahre. Denn der Hamburger hat Zeit und keine Eile, er wartet, bis er sich kennenlernen lässt.

Es sind zwei herzerwärmende Erzählungen in diesem kleinen Buch, die jedem im Exil lebenden Hamburger das Heimweh spüren lassen. Lenz fühlt sich hinein in die braven Seelen der Menschen und der Stadt und lässt sie leuchten.

Samstag, 9. August 2014

Truman Capote - Kaltblütig

Roman, 1965

Die zwei gegensätzlichen ehemaligen Häftlinge Hickock und Smith überfallen Familie Clutter auf der Suche nach einem prall gefüllten Geldsafe auf ihrer Farm in Kansas und ermorden die gesamte Familie, als sie nicht fündig werden.

Die auf einer wahren Begebenheit beruhende Geschichte berichtet nicht nur von der Tat als solcher, sondern erzählt auch die Biographien der beiden Täter. Capote zeigt auf, wie die psychologische Entwicklung die Beiden zu Mördern werden lässt. Die dichte, intensive, teils abstoßende Erzählung lässt dem Leser die Haare zu Berge stehen.

Freitag, 8. August 2014

Gerhart Hauptmann - Vor Sonnenaufgang

Drama, 1889

Helenes Familie kommt unverhofft zu einem großen Reichtum in einer Gegend, die durch die Kluft von arm und reich gekennzeichnet ist. Doch anstatt den sozialen Staus der Familie aufrechtzuerhalten, trägt der Vater das Geld lieber in die örtliche Gaststätte. Die Rettung für Helene scheint der junge Alfred Loth zu werden.

Hauptmanns Thema ist eindeutig der soziale Status der Arbeiterschicht, die Alkoholsucht und dem gegenüber die verzweifelte moralische Haltung Helenes. Sprachlich nimmt er den damaligen Umgangston auf, was die Authentizität erhöht und eine wunderbare Milieustudie abgibt.

Donnerstag, 7. August 2014

Pierre Péju - Die kleine Kartäuserin

Roman, 2002

Der Moment, in dem Étienne die kleine Eva schuldlos überfährt, verändert sein Leben für immer. Täglich besucht er das im Koma liegende Mädchen, lernt seine Mutter kennen. Es knüpfen sich zarte Fäden zwischen den Dreien. Doch dann erwacht Eva und wird in ein anderes Krankenhaus verlegt.

Dies ist einer von den leisen Romanen mit viel Melancholie. Die Sorte, die einen tief berührt. Péju gelingt es recht poetisch sowohl die zarten Verbindungen herauszuarbeiten wie auch die einsamen Charaktere der Protagonisten, die keine Chance haben sich zu entwickeln und ohne Hoffnung ihr Leben bestreiten müssen.

Mittwoch, 6. August 2014

Arne Dahl - Falsche Opfer

Krimi, 2005

Der dritte Fall der A- Gruppe. In Stockholm wird ein Keipenbesucher mit einem Bierkrug getötet. Eine Bombe geht in einer Gefängniszelle hoch. Zwei Gangs schießen sich gegenseitig nieder. Ein Polizist scheint in die Vorkommnisse verwickelt zu sein. Und wie immer sind glaubhafte Zeugen rar gesät. Was verbindet die Vorfälle?

Glücklicherweise bringt Dahl seine A-Gruppe wieder zusammen und lässt sie gemeinsam ermitteln. Wie üblich präsentiert er viele Figuren, die -wie es scheint- in verschiedenen Handlungssträngen agieren. Spannend und raffiniert verknüpft er den Wirrwarr zu einem rasanten Krimi. Nur die aufgesetzen Ovid-Zitate hätte Dahl sich meiner Meinung nach sparen können.

Dienstag, 5. August 2014

Pai Kit Fai - Die Tochter der Konkubine

Roman, 2010

China zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die kleine Li-Xia soll ebenso wie ihre Mutter zur Konkubine ausgebildet werden, doch sie wehrt sich immer wieder und erleidet ein tödliches Schicksal. Nicht so jedoch ihre Tochter, die mit eisernem Willen ihrem Schicksal folgt.

Pai Kit Fai hat eine wunderschöne Geschichte geschaffen, die über zwei mutige und starke Frauen berichtet. Sie bringt viel der Kultur und Mythologie Chinas ein, was die Erzählung um so faszinierender macht.

Montag, 4. August 2014

Heinrich Heine - Reise nach Italien

Reisebericht, 1831

Eine der vielen Reisen, die Heine unternahm, schildert er hier wunderbar poetisch. Er lässt den Leser mit großer Sehnsucht nach diesem himmlischen Land zurück. Und trotz der meist positiven Eindrücke, die Heine von Land und Leuten mitnimmt, hat er den scharfen Blick eines Zeitgenossen, der ironisch auf die kleinen Wehwehchen und großen Probleme der Italiener anspielt.

Lektüre für jeden Italien-Liebhaber!

Sonntag, 3. August 2014

Marc Elsberg – Blackout

Roman, 2012

Piero Manzano und Lauren Shannon versuchen die größte Katastrophe der europäischen Geschichte zu bekämpfen. Binnen kürzester Zeit sind so gut wie alle Stromnetze zusammengebrochen. Wie es scheint ein Hackerangriff. Doch die Zeit rinnt ihnen durch die Finger und als auch in den USA die Netze zusammenbrechen, scheint es kaum noch Chancen auf eine Wiederherstellung zu geben.

Elsberg befasst sich hier mit einem aktuellen Thema. Was passiert, wenn unsere moderne Gesellschaft keinen Strom mehr hat? Sie bricht zusammen, elementare Grundbedürfnisse können nicht mehr gedeckt werden, Menschen und Tiere sterben an Kälte, Hunger, Durst, fehlender medizinischer Versorgung. Kommunikation ist nicht mehr möglich, das Kriegsrecht wird ausgerufen, Atomkraftwerke stehen kurz vor der Kernschmelze. Und dies ist nur ein Teil der Probleme die kommen. Ein extrem spannender und beunruhigender Roman!

Samstag, 2. August 2014

Molière - Tartuffe

Komödie, 1664

Der Betrüger Tartuffe, der sich als äußerst moralisch ausgibt, hat sich in die Familie Orgons eingeschlichen. Das Familienoberhaupt vertraut ihm so sehr, dass er ihm seinen ganzen Besitz nebst seiner eigenen Tochter Mariane übergeben möchte, doch versucht Marianes Stiefmutter dies zu verhindern.

Molière greift ganz offen eine Gesellschaftsschicht an, die sich als fromm ausgibt, um damit ihre Stellung zu legitimieren. Seine Figuren sind herrlich überzogen: da ist der naive Vater, die vernünftige Stiefmutter, die geschwätzige Dienerin und natürlich der frömmelnde Tartuffe. Satire pur. Ein Skandal!

Freitag, 1. August 2014

Albert Camus - Der Fall

Roman, 1956

Ein selbsternannter Bußrichter berichtet einem Fremden in einer Amsterdamer Kneipe von seinem Leben, das er zunächst als erfolgreicher Anwalt absolvierte und dann in eine tiefe Krise geriet, die ihn sein Leben komplett ändern lässt. Sein bisheriges Dasein erscheint ihm heuchlerisch und so gibt er sich nun der Ausschweifung hin, denn hier scheint ihm keine Scheinheiligkeit zu existieren.

Das Besondere an diesem Roman ist der Monolog. Der Bußrichter erzählt über alle fünf Kapitel hinweg ausschließlich selbst, suggeriert allerdings einen Dialog mit dem Fremden. Camus schafft es das menschliche Dasein präzise -aber auch sehr kalt- zu erfassen. Die extrem subjektive Sicht lässt den Leser erschaudern und die eigenen moralischen Grundsätze auf die Probe zu stellen. Der Protagonist weckt keine Sympathien. Eine bravouröse, aber schmerzende Lebensbeichte.