Jaume Cabré - Das Schweigen des Sammlers

Roman, 2011

Adriàs Leben ist eng mit einer Storioni-Geige verbunden, die auf verschlungenen Pfaden ihren Weg zu ihm fand. Ob sie Segen oder Fluch bedeutet, stellt sich heraus, als Adrià versucht ihre Geschichte zu ergründen. Dabei setzt er sein Leben und seine Liebe aufs Spiel.

Besonders schön ist, dass Cabré nicht nur die Geschichte Adriàs, sondern auch die der Storioni erzählt, die sich über mehrere Jahrhunderte erstreckt. Es ist ein sehr dichter Roman, der gekonnt mit verschiedenen Zeiten spielt. Der Perspektivwechsel in der Erzählung ist zunächst nicht immer einfach nachzuvollziehen, übt auf Dauer aber immer mehr Faszination aus.
Man muss sich Zeit und Ruhe nehmen um den Roman vollkommen genießen zu können!

Monaldi & Sorti: Abbé Atto Melani - Die Geheimnisse der Konklaven

Bericht, 1700

Abbé Atto Melani erzählt von den Vorgehen und ungeschriebenen Gesetzen der Wahl zum Papst. Er richtet seinen Bericht dabei an den französischen König Ludwig den XIV. für den er im Vatikan spionierte. Unumwunden und in kurzen Passagen beschreibt er die hochpolitischen Vorgänge und hält auch seine eigene Meinung nicht zurück.

Ein Manuskript, das von Rita Monaldi und Francesco Sorti in einem Pariser Archiv gefunden, zur Herausgabe aufbereitet und mit Bildern und bibliographischer Notiz angereichert wurde. Der Wortlaut wurde zur besseren Verständlichkeit modernisiert. Endlich mal etwas anderes zu lesen, das einem zu Denken gibt, was die Kirche wohl alles hinter verschlossenen Türen versteckt hielt und hält.

Antoine de Saint-Exupéry - Der kleine Prinz

Erzählung, 1943

In diesem Märchen macht der kleine Prinz eine lange Reise um neue Freunde zu finden, dabei gelangt er zu verschiedenen Planeten, lernt Menschen kennen, die ihm ihre Geschichten erzählen und landet schließlich auf der Erde, wo er auf den Erzähler trifft, der nun wiederum von der Geschichte des kleinen Prinzen berichtet.

Es ist ein behutsam erzählter moralischer Text, der mit vielen Lehren aufwartet und im Zusammenhang der zeitgeschichtlichen Ereignisse zu sehen ist. Im Kern ist es ein Aufruf zu mehr Menschlichkeit und Freundschaft und fasziniert seit über einem halben Jahrhundert. Für Kinder und Erwachsene immer wieder empfehlenswert.

T. C. Boyle - Die Frauen

Roman, 2011

Frank Lloyd Wright, Stararchitekt, dreimal verheiratet, zuzüglich weiterer Liaisonen, lebt ein aufregendes Leben, das in sehr oft auch in die Presse bringt. Sein exzentrisches Verhalten wird von seinen Schülern geliebt und gefürchtet. Der wohl Loyalste unter ihnen -Tadashi Sato- erzählt die Geschichte.

Boyle pickt sich gerne bekannte Persönlichkeiten für seine Romane raus, so auch hier. In drei Abschnitten, die sich an den drei Ehen orientieren, erzählt er rückwärts vom Leben Wirghts, das macht das Lesen durchaus interessant, da in den ersten Abschnitten nur angedeutet wird und erst zum Ende erklärt wird, wie es zu dem Exzentriker Wright kam und das mit einem wunderbaren Showdown. Die einzige Frage die sich stellt: Was soll das mit den Fußnoten?

Friedrich Schiller - Kabale und Liebe

Drama, 1784

Ferdinand soll mit einer Mätresse des Herzogs verheiratet werden, um den Einfluss der Familie dort zu stärken. Doch er ist in Luise verliebt, deren Vater jedoch auch gegen eine Verbindung der Beiden ist. Als dann Luise gezwugen ist einen Liebesbrief an jemand anderen zu senden, beginnt das tragische Schicksal seinen Lauf zu nehmen, der im Tod der beiden Verliebten endet.

Schillers Drama spiegelt Bürgertum und Adel seiner Zeit wieder. Das Aufbegehren und der Freiheitsdrang gegenüber der höfschen Welt sind zentral. Wortgewaltig inszeniert er diese tragische Geschichte. Ein Klassiker!

Kristin Marja Baldursdottir - Die Eismalerin

Roman, 2006

Karitas führt dank der Bildung die ihr ihre Mutter ermöglichte, ein selbstbestimmtes Leben im Island der 20er und 30er Jahre und erfüllt sich ihren Lebenstraum: eine Ausbildung zur Künstlerin. Auch als sie sich verliebt und schwanger wird, gibt sie ihre Berufung niemals auf.

Es ist eine Geschichte, die sich an vielen veschiedenen Orten zu vielen verschiedenen Zeiten hätte abspielen können, doch die Tatsache, dass es sich um Island handelt, macht den Roman einzigartig. Mit den beschriebenen schweren Lebensbedingungen, der kargen einsamen Landschaft und dem Zusammenhalten und Unterstützen der Einwohner macht Baldursdottir unheimlich neugierig auf das Land im hohen Norden. Ihr Stil ist ruhig und fließt dahin.

Hape Kerkeling - Ich bin dann mal weg

Reisenbericht, 2006

Kurz nach der Jahrtausendwende verschwand Hape Kerkeling kurzfristig von der Medienbühne und machte sich auf den Weg den Jakobsweg zu beschreiten. Fast 700 Kilometer von Saint-Jean-Pied-de-Port bis Santiago de Compostela wandert er bei Sonnenschein und strömenden Regen, trifft neue Freunde und sinniert über sein Leben, das Wandern und den Glauben.

Der eher flapsige Titel hält was er verspricht -eine amüsante Lektüre im typischen Hape-Stil. Man hört förmlich seine Stimme, die berichtet (unbedingt das Hörbuch hören!!). Doch ist dieser Bericht weitaus mehr, denn Hape zeigt sich einmal von einer ganz anderen Seite, die ihn umso liebenswerter macht.

Martin Suter - Der Teufel von Mailand

Roman, 2006

Synästhetikerin Sonia will in einem kleinen Dorf in den Schweizer Bergen zur Ruhe kommen, doch die dortigen mysteriösen Vorkommnisse bei ihrer Arbeitsstätte -ein Hotel- halten sie auf Trab. Es scheint, als würde jemand die "Legende des Teufels von Mailand" nachspielen, doch keiner der Dorfbewohner will sie bei der Aufklärung der Fälle unterstützen.

Trotz der ruhigen Atmospähre der Geschichte geht die Spannung nicht verloren. Suters Erzählstil ist prägnant und bildhaft und die geheimnisvolle Aura, die er erschafft, ist zum Greifen nahe. Sonias Entwicklung, insbesondere ihrem Umgang mit Angst ist komplex und interessant angelegt.

Wolfgang Borchert - Draußen vor der Tür

Drama, 1947

Kriegsheimkehrer Beckmann ist zurück in seiner Heimat. Doch anstatt direkt nach Hause zu gehen, mißlingt ihm ein Selbstmordversuch, macht er dem Oberst schwere Vorwürfe, betrinkt sich. Er hardert mit sich und seinem Schicksal und fragt nach dem Sinn des Lebens und des Sterbens.

Das Drama, das Borchert in kürzester Zeit niederschrieb, überzeugt durch sein intensives Auseinandersetzen mit dem Tod und dem Sinn, das größtenteils monologisch umgesetzt ist. Es ist zutiefst tragisch und erfühlt das "(deutsche) Trauma" und den Zeitgeist dieser Generation in einzigartiger Weise.

Gerard Donovan - Ein bitterkalter Nachmittag

Roman, 2003

Auf einem Feld gräbt der Bäcker ein Loch. Der Lehrer, der daneben steht, sieht ihm zu, sie unterhalten sich über Bücher und Philosophie und den Krieg. Immer mehr stellt sich die Frage, ob der Bäcker gerade sein eigenes Grab schaufelt.

Der Leser folgt der morbiden Geschichte fasziniert, die Themen: Mut und Feigheit, Gut und Böse, die großen Gegensätze der Welt. Fast ohne Handlung kommt Donovan aus und schafft doch ein so intensives Umfeld, dass der Leser meint mit auf dem Feld zu stehen. Meine Gefühle beim Lesen schwankten unheimlich stark hin und her, ich konnte mich nicht losreißen.

Otfried Preußler - Das kleine Gespenst

Kinderbuch, 1966

Auf Burg Eulenstein lebt das kleine Gespenst. Mit einem Schlüsselbund mit 13 Schlüsseln kann es alles, was es will, ohne Berührung öffnen. Der größte Wunsch des kleinen Gespenstes ist, die Welt einmal bei Tageslicht zu sehen, doch dies endet im Desaster, da es nicht mehr zur Burg zurück findet. Was soll nun aus ihm werden?

Ein Muss für jedes Kind und nicht nur die, die von Rittern, Burgen und Gespnstern begeistert sind. Preußler schreibt eine klassische Geschichte aus der man viel lernen kann. Die Illustrationen sind wunderschön und liebevoll gestaltet.

Johann Wolfgang Goethe - Die Leiden des jungen Werther

Roman, 1774

Werther, dessen Beziehung zu Lotte zunächst rein platonisch ist, wird mit einem Mal von seinen Gefühlen überwältigt, nur: Lotte ist verlobt und somit unerreichbar. Werther versucht zu fliehen und kehrt doch zurück. Auch Lotte ist sich ihrer Gefühle nicht sicher. Als einziger Ausweg erscheint dem jungen Mann der Tod.

Geschrieben als Briefroman offenbart sich Werthers Gefühlswelt in so authentischer und intensiver Form, dass der Leser mit ihm zusammen in Verzückung geraten möchte, als er Lotte erblickt; sich hin und her wälzen möchte vor Verzweiflung; fliehen und vergessen möchte. Ein beeindruckendes Werk mit soviel Gefühl, wie es selten das Licht der Welt erblickte.

Yasmine Ghata - Die Nacht der Kalligraphen

Roman, 2008

Rikkat erzählt ihr Leben, das sie der Kunst der Kalligraphie hingab. Dabei musste sie sich gegen eine männerdominierte Welt durchsetzen und ließ sich nicht beugen. Auch ihr Privatleben meisterte die willensstarke muslimische Frau auf ihre eigene Weise.

Ghata berichtet von der Geschichte ihrer Großmutter und nimmt dabei auch die politischen Einflüsse und Veränderungen der Türkei mit auf. Sie geht intensiv auf das Gefühlsleben dieser Künstlerseele ein und vollbringt eine feinsinnige Erzählung, die nebenbei auch neugierig auf die Kunst der Kalligraphie macht.

Siegfried Lenz - Der Geist der Mirabelle

Erzählung, 1975

Auf dem platten Land leben nur Leute die Feddersen heißen. So auch in Bollerup in dem diese vorzüglichen Geschichten spielen. Lenz ironische Erzählweise charakterisiert seine Protagonisten hervorragend, dabei merkt man ihm an, wie liebgewonnen er jede einzelne Figur hat, so dass auch der Leser an keinem der urigen Gestalten etwas bemäkeln kann.

Besonders gut zu lesen bei einem Gläschen Mirabellengeist!

Frances de Pontes Peebles - Die Schneiderin von Pernambuco

Roman, 2009

Brasilien in den 30er Jahren. Emilia heiratet reich und lebt in der Provinzhauptstadt Recife, Luzia brennt mit einer Bande Cangaceiros durch und lebt auf dem Lande.
Die parallel erzählten Geschichten der Schwestern werden immer wieder geistig verknüpft. Eine wunderbare Familiengeschichte, die die Zeit und das Leben in Brasilien in einer spannenden Erzählung wieder geben. Wie auch viele andere südamerikanische Schriftsteller ist das Werk geprägt von einer wortdichten Intensität, die einen die Sonne Brasiliens auf der Haut spüren lässt.

Tennessee Williams - Endstation Sehnsucht

Drama, 1947

Die ehemals wohlhabende Südstaaten-Schönheit Blanche verliert Reichtum und Arbeit. Sie flieht zu ihrer Schwester Stella nach New Orleans und trifft auf den Schwager Stanley, der sie aufgrund ihrer Affektiertheit verachtet. Sie kann ihn ebensowenig ausstehen und es kommt zwangsläufig zu Konfrontationen die tragisch enden.

Das gesellschaftskritische Stück zeigt den Übergang eines konservativen traditionellen Amerikas hin zu einer multikulturell geprägten Zeit an. Auch sozialkritisch werden verschiedene Aspekte angesprochen, so zum Beispiel insbesondere Gewalt an Frauen und Bildungsstand. Die Gegensätzlichkeit der Figuren und ihrer Wahrnehmungen hat Williams treffend herausgearbeitet.
Und selbstverständlich ist auch die Verfilmung mit Marlon Brando ein Meisterwerk geworden.

Ian McEwan – Solar

Roman, 2010

Michael Beard, ein typischer Antiheld: selbstsüchtig, narzistisch, immer auf den eigenen Vorteil bedacht, 5 Ehen, diverse Affären, ein untergeschobener Mord und Ideenklau. Hätte er sich doch nach seinem Physik-Nobelpreis nicht auf die faule Haut gelegt, da wäre einiges anders gekommen, aber das ist ihm nun auch egal. Doch wie immer in solchen Situationen holt ihn die Vergangenheit ein.

Ein herrlich ironischer Roman, der stellenweise schwarzhumorig wird. McEwan schreibt verschachtelt, aber klar verständlich und authentisch. Einige wissenschaftliche Forschungen fließen ganz nebenbei mit ein. Alles in allem ein Vergnügen für den Leser.

Alfred Döblin - Berlin Alexanderplatz

Roman, 1929

Der 30-jährige Franz Biberkopf wird nach vier Jahren Haft entlassen. Auf der Suche nach Wohnung, Arbeit und ehrbarem Leben stellt er fest, dass sich das Leben in der Großstadt Berlin stark verändert hat und ihn mit seiner Dynamik zu übermannen droht. Jedes Mal wenn er wieder in die Kriminalität rutscht, versucht er sein Leben neu zu ordnen und stellt fest, dass er selber sein Leben in der Hand hat.

Döblins Großstadtroman gibt das Berliner Leben und auch die Berliner Sprache der 20er Jahre gekonnt wider. Friede, Freude, Eierkuchen ist von Anfang an nicht zu erwarten. Er macht sich die Montage-Technik zu eigen und zieht diese mit Werbetexten, Nachrichten, Arikeln, Schildern konsequent durch. Ungewohnt, interessant und fesselnd!

Monique Lange - Edith Piaf

Biographie,

Sie war der Spatz von Paris. Aufgewachsen in asozialen Verhältnissen, nutzt sie ihre Stimme um auf die Bühne zu kommen und schafft es. Ihre raue Stimme, ihr Erkennungszeichen, prägen das französische Chanson für immer. So prächtig die kleine Frau auf der Bühne ihr Herz heraus singt, so sehr schreit sie auch privat nach Liebe.

Lange dokumentiert das kurze Leben der Piaf sehr ausführlich und gibt Einblicke in ihre wenigen letzten Jahre, die sie zurückgezogen verlebt hat. Das Bildmaterial ist gut gewählt, der Schreibtstil teils mit ein wenig zu vielen bandwurmartigen Sätzen gespickt.

Anne Tyler - Tag der Ankunft

Roman, 2007

Die Freundschaft der Familien Donaldson und Yazdan wird alljährlich am "Tag der Ankunft" gefeiert, dem Tag an dem sie ihre koreanischen Adoptivtöchter vom Flughafen abholten. Die beiden Familien könnten unterschiedlicher nicht sein und so sind auch ihre Feste stets geprägt durch ihre jeweilige Kultur.

Tyler stellt hier sehr schön zwei vollkommen gegensätzliche Kulturen dar und wie diese sich auf die Integration ihrer Kinder und ihren Umgang miteinander auswirkt. Ihr flüssiger Stil ist geprägt von leisen Tönen, die ganz sanft zum allljährlichen Treffen die Entwicklung der Figuren hervorheben.

Michael Ende - Momo

Roman, 1973

Meister Hora hält die Zeit an, wodurch die ganze Welt zum Stillstand kommt, und schickt seine  Schildkröte Kassiopeia mit dem kleinen armen Mädchen Momo in den Kampf gegen die grauen Herren, die verantwortlich dafür sind, dass die Menschen immer mehr Zeit sparen und damit die Tage, Wochen und Monate immer kürzer werden.

Das Jugendbuch kommt einem Märchen gleich und lehrt insbesondere, dass die Menschen im Hier und Jetzt leben sollen, denn Zeit kann man nicht aufsparen. Endes phantastischer Stil allein ist schon das Lesen wert, doch viel mehr noch das Thema.
Was jedem Kind zu eigen ist, bewusstes Leben, verlieren sie im Laufe des Erwachsenwerdens, doch dieses Buch holt die Erinnerung immer wieder zurück, was wohl der Grund dafür ist, dass mehr Erwachsene es lesen als Kinder.

Toril Brekke - Elises Traum

Roman, 2008

Als Elise und Havard sich 1812 in Norwegen begegnen, entwickelt sich schnell eine wunderschöne Liebe zwischen ihnen Beiden. Gemeinsam möchten sich nach Amerika auswandern, doch dann verpasst Havard das Schiff und Elise muss sich gemeinsam mit ihrem behinderten Bruder und ihrer kleinen Tochter durch die neue Welt schlagen. Sie wird Harvard eine lange Zeit nicht wiedersehen.

Brekke zeichnet ihre Figuren sowie die Handlung sehr einfühlsam. Mit der zarten Liebe, die zum Überlebenskampf für Elise führt, zeigt Brekke die Schattenseiten der damaligen Lebensumstände sehr anschaulich.

Michio Kaku - Einsteins Würfel

Sachbuch, 2010

Über einen der größten Physiker aller Zeiten gibt es eine Unmenge an Biographien, über seine Theorien vermutlich sogar noch weitaus mehr. Dies ist eine davon, die gekonnt beides miteinander kombiniert, der Schwerpunkt liegt allerdings auf dem theoretischen Anteil.

Einstein war bekannt für seine Bild-Vergleiche. Kaku führt diese chronologisch an und erklärt uns diese Bilder in verständlicher Weise. Das wohl Bekannteste: Wie sieht ein Lichtstrahl aus, wenn man mit gleicher Geschwin­dig­keit neben ihm herlaufen würde?
Kaku schafft es, uns auf charmante Weise die Einstein'sche Welt näher zu bringen.

Henri Charrière - Papillon

Biographischer Roman, 1970

Charrière, wegen Mordes verurteilt, wird in Französisch-Guyana inhaftiert und beschreibt die Haftbedingngen, seine Mitinsassen und seinen Wunsch nach Freiheit. Die mehrmaligen detailliert geplanten, spektakulären und beeindruckenden Fluchtversuche gelingen teilweise.Zwischenzeitig kann Charrière für ein paar Monate in einem Indianerdorf leben, das ihn zutiefst beeindruckt.

Fakt und Fiktion fließen ineinander und sind kaum zu identifizieren, dies tut der Gesamtgeschichte aber keinen Abbruch. Charrière erzählt sehr anschaulich von den Orten seines Lebens und bis zuletzt erfüllt den Leser gleichsam wie Charrière der Glaube an und die Hoffnung auf Freiheit.
Übrigens: Erstklassige Verfilmung mit Steve McQueen und Dustin Hoffman.

Heinrich Böll - Der Zug war pünktlich

Erzählung, 1949

Mit der Gewißheit zu sterben, steigt Soldat Andreas in den Zug, der ihn 1943 zurück an die Ostfront bringt. Seine Begleiter und er vetreiben sich die Zeit mit Spielen und Trinken, unterwegs lernt er eine getarnte Spionin kennen und verliebt sich Hals über Kopf.

Ähnlich wie bei "Im Westen nichts Neues" erzählt Böll von dem sinnlosen Sterben grade junger Menschen im Krieg. Er schildert eingehend, wie sich Andreas fühlt, welche Ängste er aussteht und hinterlässt den Leser dabei mit einem Hass auf den Krieg und der traurigen Gewissheit, dass es wohl immer wieder Kriege geben wird.

José Saramago - Eine Zeit ohne Tod

Roman, 2005

Tod stellt seine Arbeit ein- keiner stirbt mehr. Die Welt stürzt langsam aber sicher ins Chaos. Warum tut Tod so etwas? Will Tod etwas beweisen?

Saramago stellt eine interessante Überlegung in den Raum: "Was wäre, wenn der Tod nicht mehr käme?" Er beantwortet ein Gutteil dieser Frage im Roman und der geneigte Leser bekommt es schon ein wenig mit der Angst zu tun, denn der Wunsch nach Unsterblichkeit ist äußerst fragwürdig.

Saramagos flüssiger und ironischer Stil lässt die Sätze ineinander laufen und die Geschichte zunächst ein wenig gehetzt erscheinen, doch im Laufe der Handlung wird es ruhiger. Ein einmaliger Lesegenuss.

Friedrich Dürrenmatt - Der Besuch der alten Dame

Komödie, 1956

Milliardärin Claire Zachanassian kehrt in ihre Heimat, das Dorf Güllen, zurück um Rache an denen zu üben, die sie einst vertrieben. Mit einem unmoralischen Angebot an die Bewohner Güllens setzt sie eine Kette von Ereignissen in Gang, die die Frage nach ethischen Grundsätzen aufwirft.

Diese Tragikkomödie ist ein wahres Meisterwerk an Witz und Ernst, unterlegt mit vielen makabren und grotesken Elementen. Der Schwerpunkt liegt klar auf der Figurenentwicklung, die die moralischen Prinzipien der Bewohner in Frage stellt. Der Leser muss sich dabei immer vor Augen führen, wie er selbst gehandelt hätte.

Franz Grillparzer - Der arme Spielmann

Novelle, 1847

Der arme Spielmann erzählt eines Tages seine Lebensgeschichte einem zufälligen Besucher. Sie ist nicht aufregend. Er liebte ein Mädchen und er liebt seine Musik. Das Mädchen bekam er nicht, die Musik blieb. Als der Besucher sich einige Zeit später nach dem Spielmann erkundigt, ist er bereits verstorben.

Grillparzer hat eine interessante Erzählung verfasst, die nach der Lebenstüchtigkeit eines wahren Künstlers fragt. Denn der Künstler erscheint als so empfindsam, als das er kaum die Fähigkeit zum Überleben hat. Und doch ist er am Ende ein großer Held, dem das Schicksal leider nicht gut gewogen ist.

John Steinbeck - Von Mäusen und Menschen

Roman, 1937

Den klugen George und den geistig zurückgebliebenen Lennie verbindet eine tiefe Freundschaft, gemeinsam schlagen sie sich durch und landen eines Tages auf einer Farm um dort zu arbeiten. Doch dann bricht Lennie versehentlich der Farmersfrau das Genick und man will ihn lynchen. George erlöst Lennie daraufhin indem er ihn selber tötet.

Eine zutiefst traurige Geschichte, bei der einem schon beim Lesen von Zusammenfassungen die Tränen kommen. Sehr viel mehr möchte ich zu dieser liebevollen großen Weltliteratur nicht sagen.

Shakespeare - Die Sonette

Sonette, 1609

Shakespeare war nicht nur Meister des Theaters, er schrieb auch einen Gedichtband mit 154 Sonetten, die sich ausschließlich mit dem Thema Liebe befassen. Die Besonderheit dabei ist, dass diese sich zunächst zu einem Großteil an einen jungen Mann richten und nicht, wie damals üblich an eine idealisierte Frau. Und sich dann im weiteren mit Intensität dem Thema Sexualität (Mann-Frau) widmen, ebenfalls unüblich im 17. Jahrhundert und selbstverständlich skandalträchtig.

Deutsche Übersetzungen werden der Poesie und Sprache der Sonette nicht annährend gerecht, daher unbedingt im Original lesen (im Zweifel in moderner Anpassung). Es ist immer wieder berauschend dem Gefühlschaos zu folgen, das Shakespeare beschrieb und für jeden Romantiker ein Muss.

Carlos Ruiz Zafón - Das Spiel des Engels

Roman, 2008

David Martin erhält die große Chance ein Werk zu schreiben für das er nicht nur eine große Geldsumme sondern auch Heilung von seinem Gehirntumor erhält. Initiator ist Verleger Andreas Corelli. Doch als David beginnt, ereignen sich immer mehr mysteriöse Vorkommnisse.

Es ist eine Geschichte die viele Handlungsstränge verfolgt, vieles aus der Vergangenheit einbezieht und viele verschiedene Figuren beinhaltet. Es ist ein mysteriöser Rausch, der sich ergießt, voller Ideen und Andeutungen. Das letzte Viertel ist so rasant geschrieben, das sich einem der Kopf dreht und trotzdem vergisst der Autor nie das Ziel. Als zweiter Band eines Zyklus ist es mit dem "Schatten des Windes" verknüpft. Und Zafón schafft es einmal mehr ein geheimnisvolles Barcelona vor dem geistigen Auge erscheinen zu lassen.