Andrea Weiss - Paris war eine Frau

2006

Die Gemeinschaft der Pariser Frauen der Left Bank (der linken Seine-Seite) wird hier vorgestellt. Jedes Kapitel ist ein Kurzporträt einer der Künstlerinnen. Hierzu zählen unter anderem: Gisèle Freund, die eine Farbporträt-Sammlung von Schriftstellern anlegte, Gertrude Stein, in deren Salon sich die künstlerische Gemeinschaft traf, Sylvia Beach, die es wagte als Erste "Ulysses" von James Joyce zu veröffentlichen.

Weiss erzählt die Geschichten der Frauen-Schickasle, die sich in Paris verknüpften. Sie zeigt, wer sie waren, wie sie nach Paris kamen und wie sie zueinander standen. Ein wirklich gelungenes Bild einer Gruppe selbstbewusster und mutiger Frauen in der künstlerischen Welt.

Tim Flannery - Im Reich der Inseln

Reisebericht, 2011

Tim Flannery erzählt aus den Erinnerungen an seine Reisen in die faszinierende Welt der Pazifikinseln rund um Papua-Neuguinea. Als Artenforscher hatte er das Glück verschiedene Forschungsreisen in den 80er und 90er Jahren unternehmen zu können, die teils abenteuerlich verliefen. Insbesondere die Säugetiere, speziell Ratten und Fledermäuse stehen in seinem Fokus.

Amüsant berichtet Flannery nicht nur von seinen Reisen, sondern gibt Einblicke in evolutionäre Vorgänge an verschiedenen Beispielen, wie unter anderem dem Guadalcanal-Affengesicht-Flughund.
Ich gebe zu, dass Flannerys erzählerische Qualitäten eher gering sind, aber das wird durch die interessanten Geschichten ausgeglichen.

Erik Hansen - Choral am Ende der Reise

Erzählung,  2007

Am Tag des Untergangs der Titanic spielte die Bordkapelle bis zum Eintauchen des Ozeanriesens ins eiskalte Wasser- so will es die Legende. Fünf Tage zuvor gingen die sieben Musiker an Bord und begannen ihre Tätigkeit. In Rückblenden werden die Geschichten der sieben erzählt.

Hansen erzählt innerhalb einer schmal gehaltenen Rahmenhandlung -die das Bordgeschehen und die Stimmungen authentisch wieder gibt- die Biographien der Musiker, die unterschiedlicher nicht sein könnten oder nur durch die Titanic und die Liebe zur Musik miteinander verbunden sind. Er lässt den Leser mit reisen und gibt ihm das Gefühl dabei gewesen zu sein. Schade nur, dass die Biographien frei erfunden sind.

Klaus Mann - Mephisto

Roman, 1936


Schauspieler Hendrik Höfgen ist in den zwanziger und dreißiger Jahren ein Star in Deutschland. Auch wenn er einen eher fragwürdigen bolschewistischen Hintergrund hat, geht er gerne auf die Unterstützung der Tochter des Fliegergenerals Lindenthal ein und erklimmt die Karriereleiter,  bis er schließlich feststellen muss, dass er zu einer Marionette wird.

Klaus Mann hat hier die Geschichte Gustaf Gründgens verarbeitet, der zur Zeit des Nationalsozialismus eine heraussragende Karriere am Theater machte. Manns Stil ist einprägsam, klar und scharf, die Distanz zum Protagonisten und die satirischen Überzogenheiten lassen ihn kalt wirken, vielleicht sogar böse und das Bild des Mephisto erscheint dem Leser immer klarer vor Augen.

Alan Bradley - Flavia de Luce Mord im Gurkenbeet

Krimi, 2009

Die pfiffige Flavia -11 Jahre alt und Hobby-Chemikerin- entdeckt eine Leiche im Gurkenbeet. Sie beginnt mit den Ermittlungen zum Täter, tatkräftig unterstützt von Gladys- ihrem Fahrrad. Verdächtig ist ihr eigener Vater, der eine dunkle Vergangenheit zu haben scheint...

Die charmante aber altkluge Flavia beherrscht die Geschichte, Bradley hat diesen Charakter ganz wunderbar ausgezeichnet und umgesetzt, ebenso wie die skurillen Nebenfiguren. Die witzigen Dialoge, der schwarze Humor und die detaillierten Beschreibungen ziehen sich durch die gesamte Erzählung und runden die Geschichte ab.

Nelson DeMille - Die Mission

Roman, 2004

Um einen Mord aufzuklären, wird Paul Brenner zurück nach Vietnam geschickt, wo er bereits im Krieg stationiert gewesen war. Um den Fall zu lösen, versucht er mithilfe der hübschen Susan, einen Zeugen zu finden und gerät dabei mehr und mehr in die Geschehnisse der Vergangenheit.

DeMille erzählt nicht nur eine spannende Handlung, sondern gibt viele Einblicke in das Land und die Kultur Vietnams, dabei betreibt er auch Vergangenheitsbewältigung, die sehr authentisch von Kriegsgeschehnissen berichtet. Sein Stil ist angenehm flüssig und die Protagonisten detailliert und vielschichtig angelegt, beginnend jedoch nicht unbedingt als Helden erkennbar. Wirklich gut!

Scott McBain - Der Judasfluch

Thriller, 2001

Psychiater Paul kommt in den Besitz einer der dreißig Silberlinge, die Judas für seinen Verrat an Jesus erhielt. Auch wenn er dies nicht glauben kann, bemerkt er bald Veränderungen, die ihn zu der mysteriösen Helen führen und die ihn immer mehr "böse" werden lassen.

Als Ausgangslage benutzt McBain die Frage danach, was eigentlich mit den dreißig Silberlingen Judas passierte. Dies ist einmal eine andere Variante an einen "Bibel-Thriller" heranzugehen. Es werden unheimlich viele mystische Elemente eingebaut, die der ganzen Geschichte eher etwas Fantasyhaftes geben. Alles in allem eine kurzweilige Geschichte, die sich schnell lesen lässt.

Tom Rachman - Die Unperfekten

Roman, 2009

Eine englischsprachige Zeitung mit Sitz in Rom ist in finanzieller Notlage und soll nach einem halben Jahrhundert eingestellt werden. Was passiert nun mit den Mitarbeitern und Lesern? Wie soll es weitergehen?

Rachman beschreibt zum Einen die internen Vorgänge einer Zeitung, zum Anderen geht er auf die Einzelschicksale ein. Jedes Kapitel repräsentiet einen Menschen und damit auch ein Ressort der Zeitung. Dabei passt er seinen Erzählstil jedes Mal wieder an, so dass die Charaktere sehr individuell erscheinen, nebenbei erfährt man über die Einzelschicksale auch die Historie der Zeitung. Wirklich interessant gemacht!

Raymond Khoury - Scriptum

Thriller, 2005

Für ein Dokument, dass Christentum, Islam und Judentum vereinen soll, werden drei Menschen ermordet. Tess wird zu den Untersuchungen des FBI hinzugezogen und beginnt gemeinsam mit Agent Sean dem Mörder und dem Geheimnis des Dokuments näher zu kommen.

Ein spannender und rasanter Thriller, der die Frage nach Religionseiniung in interessanter Weise am Ende der Geschichte mit einer gelungenen Pointe beantwortet. Auf das reale Leben übertragen, eher fragwürdig. Wie dem auch sei hat Khoury einen angenehmen Stil, der die Seite dahinfliegen lässt und Lust auf mehr macht, auch wenn er doch einige Anleihen bei Dan Brown macht.

Francois Lelord - Hectors Reise oder die Suche nach den Glück

Roman, 2002

Hector ist ein sehr guter Psychiater. Doch es reicht ihm nicht mehr zuzuhören. Er möchte seine Patienten und die Menschen im Allgemeinen glücklich machen. Er begibt sich auf eine Weltreise um heraus zu finden, was Glück überhaupt ist und trifft auf verschiedene Menschen, die das Glück zum Teil schon fanden. Am Ende hat Hector eine Liste zusammengestellt, die als Wegweiser zum Glück dient.

Lelord hat eine unkomplizierte verständliche Weise seine Themen vorzustellen, so geht es hier in der Tat darum, das Glück zu finden und wie man es finden kann, dabei ist es kein Selbsthilfebuch, sondern die spannende Geschichte eines Menschen der sich aufmacht, der etwas tut und so dem Glück ein Stück näher kommt. Denn in der Regel ist der Weg das Ziel. Fantastisch!

Annegert Fuchshuber - Von der Fee, die Feuer speien konnte

Märchen, 1987

Im Wald der Fee "Anna Susanna Lachdochmal" herrscht immerwährender Sommer, doch eines Tages kommt der Winterkönig und lässt den Winter hereinbrechen. Der Wald erlebt eine furchtbare Zeit, denn keiner ist auf Kälte und Eis vorbereitet. Doch mit Hilfe der Drachen kann Anna Susanna den Wald und seine Bewohner retten.

Ein Vorlesebuch mit wunderschönen detaillierten Illustrationen (Achtung: nur in der Erstausgabe!), das uns lehrt, dass der Kreislauf des Lebens Sommer wie Winter benötigt.

Jules Verne - Reise um die Erde in achtzig Tagen

Roman, 1873

Phileas Fogg wettet mit den Migliedern seines Clubs, dass er, nachdem vor kurzem erst der Suezkanal eröffnet worden war, es schaffe in 80 Tagen um die Welt zu reisen. Begleitet von seinem Diener Passepartout starten sie noch am selben Abend. Auf ihrer Reise treffen sie auf verschiedene Personen, die ihnen teils Steine in den Weg legen, teils weiterhelfen. Und auch eine holde Maid -Aouda- wird zwischendurch gerettet und erobert das Herz des Phileas Fogg.

Was heutzutage wohl in 4 Tagen erledigt wäre, war Ende des 19. Jahrhunderts fast eine Unmöglichkeit und dennoch ist die Geschichte nicht nur reine Fiktion, denn es gab tatsächlich einen Menschen, der diese Reise unternahm. Verne hat nicht nur einen interessanten fiktiven Reisebericht geschrieben, sondern das Ganze mit Liebe und Spannung gewürzt. Besonder schön ist die Entwicklung des zu Beginn sehr steifen und britischen Phileas.

Louis Begley - Ehrensachen

Roman, 2007

Die Freundschaft zwischen dem aus der Oberschicht stammenden Sam und dem jüdischen Henry beginnt in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts in Harvard und erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte. Dabei geht es hauptsächlich darum, dass die Beiden versuchen sich selber zu finden ohne dabei ihre Ideale zu verlieren.

Begleys Roman ist geprägt durch eine feinsinnige Kenntnis der Protagonisten, ihrer Wünsche und Träume, an denen sie zum Teil scheitern werden. Kritisch betrachtet er das Gesellschaftsbild der damaligen Zeit. Insbesondere die Darstellung Harvards überzeugt, jedoch nimmt die Geschichte erst spät an Fahrt auf.

Douglas Adams/Mark Carwardine - Die Letzten ihrer Art

Dokumentation, 1990

Douglas Adams reist gemeinsam mit Mark Carwardine um die Welt, um Tierarten zu besuchen, die vom Aussterben bedroht sind. Hierzu zählen unter anderem ein Delphin, ein Lemur, ein Waran, ein Rhinozeros und andere. Zweck ist jedoch keine Verhaltensstudie, sondern eine Darstellung des Bedrohungsstatus und den Möglichkeiten oder Nicht-Wollens diesem entgegen zu wirken.

In typisch englischem, charmant-witzigen Stil erzählt Adams von den Reisen und den angetroffenen Tieren, die ihm Respekt und Ehrfurcht einflößen. Die erschreckende Tatsache, die man nach Lektüre des Buches hat, ist, dass der Jangtse-Delphin mittlerweile bereits ausgestorben ist und vermutlich nicht die letzte Art sein wird, die zukünftig nicht mehr Teil dieser Welt sein kann.

Caleb Carr - Engel der Finsternis

Roman, 1997

New York, Ende des 19. Jahrhunderts: Psychiater Dr. Kreisler und sein buntes Team machen sich daran ein entführtes Mädchen wieder zu finden. Die Spur führt zu einer sadistischen Frau- dem mordlüstigen "Engel der Finsternis".

Carrs spannender Stil weist hin und wieder ein paar wenige langatmige Sequenzen auf, das trübt aber die Gesamtspannung nicht. Seine Protagonisten sind allesamt starke Persönlichkeiten, denen er wunderbar farbig Tiefe und Charakter gibt. Die psychologische Komponente der Geschichte hat er prägnant heraus gearbeitet.

Margaret Atwood - alias Grace

Roman, 1996

1843, Toronto: Die junge Grace wird des Mordes schuldig gesprochen und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. 30 Jahre später untersucht ein Psychologe die Inhaftierte, um ihrer Schuld oder Unschuld auf den Grund zu gehen, dabei verliebt er sich in sie.

Die historische Person Grace Marks war für viele Psychologen interessant. Hier wird sie jedoch erstmals Teil der Gesellschaftsliteratur. Atwood arbeitet dabei die Figuren sehr prägnant heraus. Ihr Stil ist unheimlich fesselnd und man kann das Buch nicht aus der Hand legen. Großes Lesevergnügen!

Arthur Golden - Die Geisha

Roman, 1997

1929 wird die bitterarme Chiyo von ihrem Vater an eine Okiya verkauft, um zur Geisha und damit zur Prositution ausgebildet zu werden. Nachdem eine der begehrtesten Geishas sie unter ihre Fittiche genommen hat, wird sie selber hoch angesehen. Nobu soll ihr Patron werden, doch insgeheim liebt Chiyo einen anderen.

Golden hat sich sehr präzise an den realen Begebenheiten im Leben einer Geisha orientiert, wobei die Liebesgeschichte wohl eher weniger oft vorkam. Sehr bildhaft schildert er nicht nur die Ausbildung, sondern auch die Charaktere und Örtlichkeiten, die Lust darauf machen, mehr über die japanische Kultur zu lesen.

Wolfgang & Heike Hohlbein - Das Buch

Roman, 2003

In einem geheimen Archiv existiert ein Buch, in dem die Wirklichkeit eines jeden Menschen fest geschrieben steht, jede Änderung des Buches hat Auswirkungen auf die gesamte Welt. Die 15-jährige Leonie ist eine der Hüterinnen dieses Archivs und muss sich bösen Mächten stellen. Doch bei jeder Änderung des Buches ändert sich auch die Wirklichkeit...

Hervorragende Fantasy-Geschichte, denn die sich immer wieder ändernde Realität führt zu verschiedenen Zeit- und Realitätsebenen. Hohlbeins wissen was sie tun und tun dies sogar auf einem hohen sprachlichen Niveau, das den Leser von Seite eins an fesselt.

Alice Sebold - Das Gesicht des Mondes

Roman, 2008

Helen leidet seit Jahren unter ihrer demenzkranken Mutter, ihr eigenes Leben stellt sie meist hinten an und einen Dank erhält sie nie dafür, im Gegenteil: ihre Mutter kränkt sie jedes Mal wieder. Das macht ihr die spontane Entscheidung ihre Mutter zu töten leichter.

Diese erschreckende Geschichte enthält so viel Wahres, dass man nicht einfach daran vorbei kommt, sich nicht einfach drücken und behaupten könnte, es handle sich um Fiktion. Sebold hat ein wirklich interessantes und ergreifendes Psychogramm einer Frau erstellt, das den Leser sich fragen lässt, wie er selbst gehandelt hätte. Ihre kurzen und klaren Sätze prägen ihren Stil und verschleiern nichts.

Margaret Jardas - Der Zauber von Benghasi

Roman, 2007

Der wunderschöne Sabri zeigt der Endvierzigerin Salome sein Land: das orientalische Libyen, in das Salome sich schnell verliebt, ebenso wie in ihren jungen Führer. Doch die männerdominierte Welt birgt für die Beiden auch eine grässliche Realität.

Jardas schreibt von dieser dem Europäer geheimnisvollen Welt in schillernden Farben und malt damit förmlich die Geschichte. Auch wenn alles ein wenig klischeehaft dargestellt ist, macht es doch Spaß zu erleben, wie die selbstbewusste Salome sich endlich wieder ihrer Gefühle und ihres Lebens bewusst wird.

Tom Rob Smith - Kolyma

Thriller, 2009

Die zweite Geschichte um den Geheimdienstoffizier Leo Demidow. Diesmal ermittelt er in Kolyma einem Gulag in Sibiren. Härteste (Über-)Lebensbedingungen erlebt er dort in diesem Vorhof zur Hölle, wo er einen Priester befreien soll, um seine Adoptivtochter zu retten.

Wieder ein rasant geschriebener Thriller, der Einblicke in die schlimmsten Orte dieser Welt gibt.  Smith versteht es den Leser zu fesseln, jedoch könnte man an einigen Stellen durchaus auf  ekelerregenden Beschreibungen verzichten. Wie der Vorgänger durchaus gelungen in der bildhaften Sprache, man riecht förmlich den Unrat und Verwesung des Gulags.

Siegfried Lenz - Fundbüro

Roman, 2003

Henrys neuer Job im Hamburger Fundbüro beschert ihn viele Begegnungen mit verschiedensten Menschen, einer Frau, in die er sich verliebt und ein angenehmens Leben, das ihn znächst nicht allzu sehr fordert. Doch dann ist der Job eines Kollegen gefährdet, in einer Puppe taucht eine große Geldsumme auf und eine Motorradgang überfällt Henry.

Das Fundbüro als zentraler Punkt verknüpft die Schicksale der Menschen für einen Moment und erzählt vom Verlieren und Wiederfinden geliebter Dinge. Lenz geht dabei sanft und leise vor, seine Figuren sind unspektakuläre Durchschnittsmenschen, die einfach in Ruhe leben wollen sich nur ein kleines Stück vom Glück wünschen. Einfühlsam fließt die Geschichte dahin.

Helme Heine - Freunde

Bilderbuch, 1982

Die Erlebnisse von Johnny Mauser, Franz von Hahn und dem dicken Waldemar lassen die drei zu noch dickeren Freunden werden, denn wenn man zusammenhält und alles zusammen macht, dann ist man unbesiegbar.

Heine erzählt so wunderbar vom Thema Freundschaft, dass die drei Protagonisten zu den Helden meiner Kindheit zählen. Einfach verständlich arbeitet er heraus, was in einer Freundschaft wirklich zählt. Dazu noch die schönsten farbenfreundlichsten Illustrationen. Ein Muss auch für nachfolgende Generationen.

Hermann Hesse - Das Glasperlenspiel

Roman, 1943

Die Lebensgeschichte von Josef Knecht spielt in einer künftigen Welt, sie ist geprägt durch das Glasperlenspiel und den drum herum entstandenen Kosmos und seinen Orden Kastalien. Diese Umgebung ist fast vollkommen von der eigentlichen Welt abgrenzt. Doch Josef beginnt sich ihr zu entziehen.

Hesse hat eine eigene kleine Welt erschaffen, deren Mittelpunkt das Glasperlenspiel mit seinen Regeln und Riten ist. Das höchste Ziel dort ist es, das Spiel in Demut zu beherrschen, dies wird erlernt durch die Verknüpfung von Ordnungssystemen der verschiedenen  Wissenschaften. Diese Bildungselite ist faszinierend, sie ist nicht zwanghaft, aber jeder unterwirft sich freiwillig ihrer Ordnung.

Eine feinsinnige, auf die eigene Mitte konzentrierte und großartige Lebensphilosophie, die sich auf Bildung und Kameradschaft begründet, nicht auf Leistungsdruck. Leider erklärt uns Hesse nicht, wie das Spiel funktioniert, das den Menschen geistig erhöhen kann.

Am beeindruckensten ist wohl nach wie vor das enthaltene Gedicht "Stufen".

Bitte an einem schönen Ort in Ruhe lesen!

Michael Obert - Regenzauber

Reisebericht, 2003

Michael Obert bereiste 7 Monate die gesamte Länge des Nils, beginnend mit seiner Quelle bis zur Mündung. Er sammelt die Geschichten, die der Fluss und seine Be- und Anwohner bewahren. Neben dem Mystischen, dass die Natur und Kultur Afrikas bereit hält, zeigt er jedoch auch offenen Auges, wo dieser wunderbare Kontinent vor sich hin krankt ohne Chance auf Besserung.

Obert schafft es den Leser unheimlich neugierig auf diesen Teil der afrikanischen Welt zu machen indem er flüssig und vor allem spannend von der Reise, der Natur, den Menschen, den fantastischen Sagen und Legenden und der Geschichte des Flusses berichtet, selbstverständlich mit einer Unmegen an Bildmaterial.

Ich bin ein Fan von Reiseberichten!

Ewald Arenz - Der Duft von Schokolade

Roman, 2007

Wien im ausgehenden 19. Jahrhundert ist der Ort an dem der ehemalige Leutnant August auf die verheiratete Elena trifft und sich verliebt. Die Verführungstaktik: immer ausgefallenere Praliné-Kreationen.

Arenz hat gewiss ein paar Anleihen bei Süßkinds "Parfum" genommen, aber setzt sie wesentlich feinsinniger um. Von der ersten bis zur letzten Seite ist die Geschichte durchsetzt von einer empfindsamen Spannung und ändert immer wieder ihre Richtung, um für kleine Überraschungen zu sorgen. Hervorragend!

Max Frisch - Homo faber. Ein Bericht

Roman, 1957

Walter Faber lernt durch eine Verkettung (un-) glücklicher Zufälle Sabeth kennen. Ohne zu wissen, dass es sich um seine Tochter handelt,verliebt er sich, geht eine Beziehung mit ihr ein und reist mit ihr durch Europa. Ein tragisches Ende ist vorbestimmt.

Frisch nennt seinen Roman zwar einen Bericht, jedoch ist dieser rein subjektiv und teils verwaschen erzählt. Die Rückblenden erklären das aktuelle Geschehen und auch das Verhalten des Protagonisten, der beginnt, sich zu ändern und damit eine extreme Figurenentwicklung begründet.
Es ist ein Widerspiel zwischen dem technisch funktionierendem und dem kreativ schaffendem Menschen, das den Leser fasziniert weiter lesen lässt.

William Boyd - Ruhelos

Roman, 2006

Aus heiterem Himmel eröffnet Sally ihrer Tochter, dass sie eigentlich Eva Delektorskajas hieße, als Spionin im zweiten Weltkrieg Falschmeldungen lancierte und ihr nun scheinbar jemand nach dem Leben trachte. Sie gibt ihrer Tochter häppchenweise ihre Tagebuchaufzeichnungen, die sich wie eine Lebensbeichte lesen.

Das allgegenwärtige Misstrauen, das sowohl von Sally als auch von ihrer Tochter ausgehen, bindet den Leser durchgehend an die Geschichte und er stellt sich immer wieder die Frage: Kann das alles wirklich sein? Boyd hat den Roman damit wunderbar spannend konstruiert und nebenbei interessante Fakten zur Spionage im zweiten Weltkrieg einfließen lassen.

Marion Zimmer Bradley - Trapez

Roman, 1979

Familie Santelli reist mit ihren Trapezkünsten in den 40er und 50er Jahren des letzten Jahrhunderts durch die USA. Die Liebe die sich dabei zwischen Flieger Mario und seinem jüngeren Kollegen Tommy entwickelt, ist nicht nur gesellschaftlich gefählich- ein einziger Fehler in der Luft kann den Tod bedeuten.

Hoch spannend nutzt Bradley die Kunst als Symbol für eine tiefe Liebe, die verboten ist. Sie legt ihre Charaktere vielschichtig an und setzt sie sehr gut in Szene, die Entwicklung in der in einem Jahrzehnt spielenden Geschichte ist meisterlich umgesetzt. Spannend und ein Ausnahmewerk der ansonsten Fantasy-lastigen Bradley.

James Frey - Strahlend schöner Morgen

Roman, 2008

L.A. - Ein Buch über eine Stadt, die so viele Gegensätze in sich vereint. Von reich zu arm, von berühmt zu namenlos. Die Einzelschicksale, die in Los Angeles ihren Anfang und ihr Ende finden, erzählen von dem großen Traum das Glück zu finden und der Realität, die sich ihnen bietet.

Frey hat eine interessante Zusammenstellung gewählt, um zu zeigen was hinter dem strahlend schönen Morgen verborgen zu sein scheint, nämlich der reale Moloch, der diese Stadt bietet. Er beschreibt faszinierend und ausdrucksstark und die Geschichten hinterlassen einen melancholisch-faden Beigeschmack.